• 1-Udo.JPG
  • 2-Udo.JPG
  • 3-Udo.JPG
  • 5-Udo.JPG

 

StrandgutGedichte

 

 DIE GEDICHTE

- Zufällige Auswahl -

 

Herbstlichter

- für Michael Starcke – *

Was geschehen ist, wird geschehen,

es ist der Nebel am Morgen

eine sanfte Lektion

für meine Poesie,

der melancholische Monologe treibt,

aus dem Wasser kommend,

das Karge, mit mir allein,

wenn man mich fragt, was übrigbleibt,

eine alte Fotografie, die mir heilig ist,

im Herbstlicht.

Einer wird sein,

der schreibt vom Meer,

bevor ich die Sprache verlor

ein Lob der Küche,

wenn man mich fragt,

nach Krankheit und Aufgaben für den Tag,

wir diskutieren wie Wasser

hiernieden, heute der Regen

und die Straße vor dem Fenster mit mir allein:

 

ein Mensch,

sein Stock wie Wurzelwerk und

dennoch helfend seine Hand.       

* Anmerkung: Das Gedicht ist eine ‚Besprechung‘ und Hommage an den Gedichtband „Star(c)ke Kunst“ von Michael Starcke, zusammengesetzt fast ausschließlich unter Verwendung der Titel seiner Gedichte, verbunden mit der dringenden Empfehlung des Verfassers, das einzigartig schöne Buch endlich zu kaufen und zu lesen! Mein Dichterfreund Michael Starcke verstarb leider im Februar 2016 in Bochum viel zu früh. Als Lyriker wurde er mehrfach ausgezeichnet - von ihm sind 26 Lyrikbände erschienen.

MIT SCHLEIFE

 

Will das Leben dir was schenken,

was sehr selten nur geschieht,

greife zu, vergiss doch quälende Bedenken,

bevor ein anderer sich bemüht.

Das Glück des Augenblicks reißt dich

aus deiner Einsamkeit,

verleiht dir Schwingen und dein Herz

schlägt plötzlich himmelweit,

bis dann die Welt sich kunterbunt in deinem Kopfe dreht,

alles Grau aus deinem Alltag weht.

Was du auch anpackst, sollte jetzt gelingen,

denn an solchen Tagen

brauchst du nichts zu fragen,

gibt es weder Zweifel noch Verzagen,

nur den zarten Zauber auf den Dingen.

Von der Freiheit der Habenichtse I. Gedicht von Udo Weinbörner

 

Pottwal auf Spiekeroog

In diesen Stunden

geht der Wal an Land.

Schleicht sich die Sonne davon.

Ein kleines Windlicht brennt

am Strand verloren.

Es schweigt das Meer.

Die eigene Last erdrückt ihn im Sand,

das Singen fällt ihm schwer.

Am Morgen dann der Regen.

Der Sturm fegt alle Küsten leer.

 

Seine Knochen strahlen weiß wie neu

blutleer hoch von des Daches Streben.

Die Welt wurde ihm zu laut, zu klein,

es gab nicht Meer genug.

In diesen Stunden

lehrte man ihn fliegen

wie zum Betrug.

So ist das mit der Auferstehung eben.

 

 Falsch verbunden Gedicht von Udo Weinbörner 2021

 … und verschlossen sind die Türen

 

… und verschlossen sind die Türen hier zur Nacht

keine Straße unbewacht

wie die Läden vor den Fenstern

senkst auch du die Lider, schließt die Augen zu

der Traum gehört den Nachtgespenstern

und den gefilmten und geborgten Träumen

die Finsternis steigt von den Bäumen

es erlöschen alle Farben und die Lichter

nur blaues Licht strömt mit dem Schlafefluss

dir matt noch durch die Ritzen

zu müde für die Liebe wiederholst du dich in einem Kuss

die Menschen wie vergessene Inseln

treiben sie dahin beim Abschiednehmen

gepackt von Träumen und Visionen

du meinst, du könntest schweben

von Zeit zu Zeit

am Rand des nächsten Tages suchst du

nach all den verwunschenen Königreichen

und nach Schätzen auf geheimnisvollen Karten

im trüben Spiegel streichst du dir am Morgen

bevor du auf die regennasse Straße trittst, die Falten glatt

und stürzt dich in das Leben

die frischen Farben und die Blumen für die Träume

züchtest du an freien Tagen dir im Garten.

(2021)

 

Nett

     

Auf die Berge möchte ich fliehn‘,

träumend schaun‘ ins grüne Tal,

meine Seele mir im Gras und Blumen wiegen

und zählen jeden Sonnenstrahl.

Möchte dich noch einmal freien,

küssen dich zum Glockenklang,

vom Paradies mir alle Schlüssel leihen

und ritze uns ein Herz ins Holz der Bank.

An solchen Tagen ist mein Kopf ein Schmetterling

und alle Uhren stehen still,

du lachst und singst, weil alles dir gelingt,

die Welt wird luftig leicht und du,

du bist mir alles und doch nichts zu viel.

(2020)

 

 

 von einer liebe

 

 

 

 

 

                                                                        Udo Weinbörner Das Paradiesgärtlein Gedicht mit Bild

 

Wir müssten uns doch warnen bild

 

 

 

microhinten

 

 

Blues                               

Ich hab‘ die Wahrheit nicht zerbissen,

kein Wort gebrochen, zwischen uns kein Band zerrissen,

möchte nur, dass du mir glaubst,

vielleicht ist alles wahr, was ich erzählte,

man sollte mir den Kopf bis zu den Füßen waschen,

schau ruhig hinein, hab‘ keine Lügen in den Taschen,

blauschwer liegen darin mir noch vom Blues die Noten,

die mit Flügelschatten der Gitarrensaiten

Tränen trocknen und müde Augen weiten,

Töne wie von Götterboten,

samtleise, dunkle Worte sing‘ ich dir zur Nacht,

fremd in einer Sprache,

die man nicht verlernen kann,

zwölf Takte lang, immer wieder davon,

wie alles zwischen uns begann.

(2018)

 

microhinten

 

 

   

 

 

 

                             

 

 

       Weihnachten 2018 

Es ist nur richtig,

wenn es sich wie neu anfühlt.

Es ist nur wichtig,

wenn es uns ganz tief aufwühlt.

Es ist die Erinnerung,

die uns berührt.

Wir haben heute Gäste,

die längst gegangen sind.

Sie kommen mit Kleid und Schmuck,

mit Hut und Weste.

                                              

Serviert wird:

Von allen Wünschen - nur das Beste.

Sie wissen ja um unsere Hoffnung,

unsere Liebe, all‘ die Gaben,

die gesammelt in all den Jahren

wir auf unserem Zettel haben.

 

Nach Mitternacht schließ‘ ich zum Kerzenschein

ganz leis‘ die Tür

und meine Zuversicht allein, die schmiedet mir

einen Sack voller Pläne,

damit ich dich zu Herzen nehme,

unschuldig und für die Welt dort draußen blind,

weil wir in dieser Nacht errettet sind

und jeder Zauber so beginnt.

 

 

Vom Wert der Dinge

Wo die Worte knapp werden,

ist die Sprache wertvoll.

Wo die Bilder dicht beieinanderstehen,

wachsen die Perspektiven.

Wo am hintersten Regal einer Buchhandlung

ein Finger zärtlich über einen schönen Buchrücken streicht

und ein Leser das nur wenig bedruckte Papier bestaunt,

bin ich zu Hause.

 Meckenheim Apfelernte

Herbst

Die Herbstzeitlosen hungerts' nach dem Leben,  

das klopft in allen Herzen.

Kalt bläst der Wind an kurzen Tagen,

schickt Grüße nur in fremden Sprachen.       

Auf dem Stoppelfeld noch einmal küssen,

der Hecken wilde Rosen schneiden.

Es ist eine Sehnsucht in den Dingen,

doch in der Zartheit liegt die Lüge.

Am Fluss stehen wir und halten uns fest,

es ist dieses Verlangen,

an dem wir sterben müssen,

weil alle Schönheit uns verlässt.

 

Meckenheim Sonnenblumen

                               

        Herbstzeitlose

                     Reetgedeckt sind deine Fragen,

                   wo meine Sätze Schindeln tragen,

                   ein Sonnenstahl hat dich geweckt,

                   ich hör‘ dein Herz leis‘ an der Türe schlagen,

                   mein Himmel ist mit Wolkengrau bedeckt,

                   weil Bäume seine Farben wagen.

                   Scharf bläst der Wind mir Tränen ins Gesicht,

                   dein Sommerkleid schwingt wie ein Lied,

                   du lachst und spürst die Kälte nicht,

                   es bleibt ein Wunder mir, dass es dich gibt.

 

 

 

 gedichttitel 001

Schützenfest

Die Blasmusik im Badezuber

gereinigt von den Schatten

marschiert in grellem Fackelschein

das pralle Luder

Eitelkeit aufs‘ Neue zu begatten.

Es krachen Pauken wie die Schüsse

ein Trommelwirbel bohrt sich tief ins Herz

der Major trägt Spitzbart für die Küsse

die Königin - sehr blond - macht einen Scherz.

Im Zelt verkaufen Mädchen ihre Zöpfe

sie treibens‘ bunt bis hitzefrei

der Schnaps brennt laut in ihren Köpfen

man schreit nach Bier und alten Liedern

ein Kellner eilt herbei.

Die Welt ist eine große Wiese

unschuldig war sie nie

und keine Zeit ist schön wie diese

des Königs Tochter zeigt viel Knie.

Und wenn sichs‘ ausgegröhlet hat

dann gähnt der müde Kopf

man träumt im Rausch von mancher Heldentat

und überm‘ Bett, da hängt ein Zopf.


  Mutter Marga Weinbrner PlettenbergMichael Starcke Bochum Fr Michael Gedicht Weinbrner

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wetterwendig

Komm, lass uns vom Wetter reden,

wenn bei solch‘ verkühltem Sommerregen                               20170527 120405aeaeop

selbst die Hühner kleine Eier legen,

mach’s dir auf meiner Couch bequem,

musst dich nicht regen,

allenfalls die rechte Hand verträumt

zum Rotweinglas bewegen.

Die Welt verkommt,

selbst Jahreszeiten versäumen ihre Pflichten,

wohl dem, der sich mit gutem Wein belohnt,  

der gnädig stimmt,

Kohlen, Holz und selbst die Heizung schont,

selbst wenn Britannien nicht mehr in Europa wohnt,

in jedem Land bald irgend solch ein Hohlkopf thront,

alkoholbenebelt, mit leicht gelöster Zunge wird man’s schon richten.

Du spürst es schon, ich bin verkühlt,

hab‘ mich heute wieder durch den Dreck gewühlt,

von Nationalen, Islamisten, von all den Gierigen und Faschisten

und durch die Titelseiten mit den Opfern und den Todeslisten,

so gern hätte ich dabei etwas gefühlt, gehasst, gestritten oder nur gebrüllt,

doch dieses Wetter spült das alles runter,

die Bitterkeit, die Trauer, allenfalls bleib ich gekränkt,

gerade so, als würd‘ ich schlafwandelnd nicht mehr munter

und hätte mir mein Seelchen nur verrenkt.

Komm‘ her zu mir, lass‘ uns vom Wetter reden,

die Welt ist heute rasend blöd, wir stehn‘ daneben

und lass‘ zur Feier dann, ein weiteres Glas uns heben,

zu alt, zu klug, zu schwach, um zu marschieren, lass‘ uns doch einfach leben!

Und welch ein Wunder bei dem kalten Regen

wachsen meiner Liebsten tausend Sommersprossen,

auch trägt sie im Sommer Kleider unverdrossen,

dazu die schönsten Waden,

ach ja, hab‘ keine Zeit, das Treffen heut‘ zum Rotwein?

Den Weltenbrand zu löschen, ein wenig stochern in der Asche …

Völlig ausgeschlossen!

Ein wenig Zweisamkeit mit meiner Liebsten kann nicht schaden …

Mein Freund, hier nimm die Flasche,

rette du die Welt erst mal allein!

 

 

Aufrecht gehen/Wi(e)derstehen - ein Gedenken

 

Anschläge von Paris am 13. 11. 2015 mit über 130 Toten

Sprachlos fehlen mir die Worte für Literatur diesen Monat;

all dieser Hass, all diese Toten, dieses unsägliche Leiden.                          an manchen 001

Eine Religion, die nicht zur Liebe befähigt,

ist nichts als eine hohle Illusion.

Ein Staat, der auf Hass und Tod und Schrecken

nur mit Macht und Militär antwortet,

ist in seinem Bestand gefährdet,

denn jeder einzelne Mensch

ist sein schwächstes

Glied.

Auf Gräbern kann man schlecht tanzen

und Schiffe, die mit Hass beladen, segeln,

stranden in dem Meer von Tränen.

Es gibt nur eine Antwort

auf diesen Irrsinn,

dieses Töten

von Paris:

Frieden!

 

 

Hanau 2020 Gedicht von Udo Weinbörner

 

Der Eintänzer Bildcollage Gedicht von Udo WeinbörnerDer Eintänzer Bildcollage komprimiert
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Udo Weinbörner

Dichter, zu Tränen gerührt

 

Und so zähl‘ ich meine Leiden,

worüber sonst sollt‘ ich auch schreiben?

Pflück mir ein besonders finsteres wieder,

breite es aus, knie andächtig nieder,

vor dem Schicksal, das ich stets zu tragen habe

und preise es mit meiner Dichtkunst, dieser göttlichen Gabe!

© 2020 Udo Weinbörner

 

Liebeslauf

 

In den Ecken hausen Engel,

wenn die Liebe in den Augen

Wurzeln schlägt,

wenn sich die Blicke

der Geliebten begegnen,

kein Weg mehr durch

das wild wuchernde Gestrüpp

der Gefühle nach draußen führt.

Die Liebe treibt Blüten in den Wangen,

wenn zwei sich berühren,

die Haut des anderen,

ganz zart unter Fingerkuppen spüren.

Wild wuchert und wächst das Verlangen,

dem kein Verstand mehr Untertan,

herzschlagend trägt sie Früchte …

und gehört doch dann und wann beschnitten,

weil ein verwildertes Herz erblinden und ermüden,

und ein blühender Garten

im Gestrüpp ersticken kann.

(2020)

 

 

 




Unsere Partnerseiten
Peyker.de / Schriftstellerin Anne Labus /
Kapey.de / Emely Barth Homepage / Theatergruppe-Hausen /